Wie kann ich jemanden aus meinem Team auf einen problematischen Alkoholkonsum ansprechen?

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Wenn Sie ein Suchtproblem bei einem Kollegen oder einer Kollegin vermuten und das Gespräch suchen möchten, sollten Sie sich im ersten Schritt fragen, in welcher Beziehung Sie zu der betroffenen Person stehen.
Wenn Ihre Beziehung ausschließlich beruflicher Natur ist, sollte Ihr Gesprächsschwerpunkt auf Auffälligkeiten im Berufsalltag liegen, z.B. der Einfluss des Trinkverhaltens auf die Stimmung im Team, mangelnde Leistung, ausbleibende Zuverlässigkeit, Zuspätkommen. Sie können betonen, dass auch Ihre Arbeit darunter leidet und Sie nicht bereit sind, zusätzliche Arbeit aufzunehmen oder Probleme zu lösen.
Wenn Sie außerdem mit der Person befreundet sind, können Sie darüber hinaus Ihre private Sorge zum Ausdruck bringen. Zum Beispiel können Sie die Situationen beschreiben, in denen Sie auffälliges Verhalten festgestellt haben und betonen, dass das veränderte Verhalten Ihre Freundschaft stört, möglicherweise sogar gefährdet. 

Gesprächsvorbereitung

  • Tragen Sie die beobachteten Auffälligkeiten im Arbeits-, Sozial- und Gesundheitsverhalten sowie äußeren Erscheinungsbild zusammen.
  • Überlegen Sie im Vorhinein, was das Ziel des Gesprächs ist. Zum Beispiel kann Ihr Ziel sein, Hilfe anzubieten oder einen Veränderungswunsch auszusprechen.
  • Vermeiden Sie Vorwürfe und nutzen Sie „Ich-Botschaften“ (z.B. „Mir ist wichtig, dass...", "Ich mache mir Sorgen...").
  • Vermeiden Sie Störungsquellen, indem Sie z.B. Ihr Telefon ausschalten bzw. umleiten.
  • Planen Sie ausreichend Zeit ein.

Einleitung ins Gespräch

Es kann hilfreich sein, sich bereits vorab einige Sätze zurecht zu legen.
Informieren Sie die andere Person über den angesetzten Zeitrahmen.
Machen Sie deutlich, welches Ziel Sie mit dem Gespräch verfolgen. Zum Beispiel können Sie sagen: 
  • "Ich habe den Dialog mit Ihnen aufgesucht weil ich Sie verändert erlebe. Ich möchte Ihnen an ein paar Beispielen zeigen, was mir aufgefallen ist und ich würde gern besser verstehen, was passiert ist und ob ich Sie in irgendeiner Weise unterstützen kann."
  • "Ich arbeite wirklich gern mit Ihnen und ich wünsche mir, dass das so bleibt. Bisher konnten wir einander immer die Wahrheit sagen und waren füreinander da. Sie haben sich in der letzten Zeit sehr isoliert und ich komme kaum noch an Sie heran. Ich mache mir Sorgen, weil Sie häufig sehr glasige Augen und ein gerötetes Gesicht haben. Zudem sind Sie im Arbeitskontext unzuverlässiger geworden und ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun kann. Ich möchte Ihnen helfen und will, dass wir wieder gut zusammenarbeiten. Ich möchte gerne von Ihnen wissen, wie das zukünftig wieder besser funktionieren kann."
  • "Ich schätze unsere Zusammenarbeit und ich schätze Sie als Menschen sehr. Und gerade weil ich Sie so schätze, möchte ich nicht länger zuschauen, weil ich mir Sorgen um Sie mache. Ich bin nicht länger bereit, die Fehler, die Sie in letzter Zeit gehäuft machen, zu decken, weil ich mir sicher bin, dass dadurch das Problem eher größer als kleiner wird. Und ich muss auf meine eigenen Grenzen achten, damit ich selbst nicht in eine Überlastung komme."

Vorbereitung auf verschieden Reaktionen

Sie sollten sich bewusst sein, dass das Ansprechen von Auffälligkeiten ein unangenehmes Gespräch sein kann und die Reaktionen der betroffenen Personen sehr unterschiedlich und unvorhersehbar sind.
Folgende Beispiele helfen dabei, sich auf mögliche Reaktionen vorzubereiten: 
  • Einsichtig: "Ich bin dankbar, dass Sie es ansprechen. Ehrlich gesagt ist der Alkoholkonsum nur eine Folge meiner privaten Herausforderungen zu Hause (..)."
  • Ermutigt: "Ich möchte schon seit einer Weile etwas dagegen tun, aber alleine habe ich es bisher einfach nicht geschafft."
  • Verharmlosend: „So schlimm ist es doch gar nicht.", "Sie übertreiben mal wieder."
  • Abstreitend: „Das stimmt einfach nicht.", "Sie lügen."
  • Selbstbemitleidend: „Ich weiß einfach nicht, wie ich mir sonst helfen soll - ohne geht es einfach nicht mehr. Wenn Sie es den anderen erzählen, verliere ich meinen Job und kann direkt einpacken. Dafür wollen Sie doch auch nicht verantwortlich sein oder?"
  • Drohend: „Über Sie könnte ich den Kolleg:innen auch so einiges erzählen", "Wenn Sie wüssten, was ich alles über Sie so weiß."

Abschluss finden

Je nachdem, welchen Ausgang das Gespräch genommen hat, sollten Sie die Reaktion des\der Kolleg:in vorerst akzeptieren. 
Sie können 
  • nochmal betonen, dass Sie immer ein offenes Ohr haben, wenn er oder sie jemanden zum Reden braucht.
  • darauf hinweisen, dass es interne und externe Hilfsangebote gibt (z.B. Betriebsarzt mit Schweigepflicht), an die sich Betroffene wenden können.
  • ihn oder sie dabei unterstützen, einen Termin mit einer geeigneten Vertrauensperson zu vereinbaren.

Weitere Tipps

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Eine betroffene Person auf ein Alkoholproblem anzusprechen, ist ein heikles Thema. Achten Sie daher besonders auf die abschließenden Tipps:
  • Sofern Sie kein:e Arzt\Ärztin oder vergleichbare Fachperson sind, sollten Sie keine Diagnose stellen oder medizinische Ratschläge geben.
  • Betonen Sie, dass Sie beide das gleiche Ziel verfolgen. Vorwürfe, Unterstellungen oder Belehrungen helfen nicht dabei, gemeinsam ans Ziel zu kommen.
  • Aussagen wie „Sie werden abhängig, es wird alles immer schlimmer!" sind wenig hilfreich und können Panik hervorrufen sowie für Widerstand sorgen. Bleiben Sie immer sachlich und beziehen Sie sich nur auf das, was Sie beobachtet haben und was Ihnen Sorgen macht. Nutzen Sie darüber hinaus „Ich-Botschaften“ (z.B. „Mir ist wichtig, dass...", "Ich mache mir Sorgen...")
  • Lassen Sie sich die Gesprächsführung nicht aus der Hand nehmen oder sich in Diskussionen verwickeln. Wenn Sie Unterstützung benötigen, können Sie sich vertraulich an eine der hier aufgeführten Ansprechpersonen wenden.
Dieser Artikel wurde von LVM (Innendienst) erstellt und zuletzt am aktualisiert.